Die 5 großen Irrtümer über work@home im Kundenservice!

In der aktuellen Ausgabe der TeleTalk (September 2016) las ich einen interessanten Artikel zu work@home. Neue Erkenntnisse gab es leider keine. Eher wurden alte Weisheiten aus den letzten Jahren aufgewärmt oder kopiert. Aber die Statements einzelner Verantwortlicher von der Dienstleisterseite waren für mich sehr aufschlussreich. Daher möchte ich gerne an dieser Stelle mit den Irrtümern zu work@home und Telearbeit im Kundenservice aufräumen.

 

Jens Mühlberg (Geschäftsführer der virtcom GmbH)


Auftraggeber wollen kein work@home.

 

Es gibt ein altes Sprichwort: "Was der Bauer nicht kennt, frisst er nicht.". Es ist einfach zu behaupten, dass die Auftraggeber die Einführung von work@home nicht wollen. Denn eigene Vorbehalte verstärken eher die Skepsis und Barrieren auf der Kundenseite. Aber kennen die Auftraggeber überhaupt die Umsetzungsoptionen und Vorteile von work@home? Bei welchem Service macht Telearbeit Sinn? Wo liegt der Nutzen für mich als Dienstleister? Und wo kann ich mich zum Thema schlau machen, damit ich es besser bewerten kann bzw. inhaltlich überhaupt verstehe? Eine Negativ- und Abwehrdiskussion gegenüber der Auftraggeberseite wird also niemandem helfen. 

 

Innovative und agile Business Partner unterscheiden sich sehr stark von den klassischen Dienstleistern mit tradierten Denk- und Verhaltensweisen. Neue Fragestellungen sind für sie eine sportliche Herausforderung und Ansporn genug. Gemeinsam mit den Kunden entwickeln sie erfolgreich Lösungen. Eine rückwärts gerichtete Sicht hilft dabei niemandem. Es gibt genügend Beispiele, wo offen und umsetzungsorientiert work@home erfolgreich eingeführt wird oder wurde. Dort ist man bestimmt auch bereit, über die Erfolgstreiber, Stolpersteine und Umsetzungsergebnisse zu berichten. Es geht bei der Einführung von work@home nicht um "entweder oder" sondern um "sowohl als auch", also um die sinnvolle Ergänzung des stationären Betriebes.


Die Daten sind im Rahmen von work@home nicht mehr sicher.

 

work@home ist nach Ansicht einzelner Zitategeber unsicherer als der operative Betrieb von stationären Centern. Unlösbare Anforderungen werden aufgezeigt und ein Pauschalverdacht gegen jeden WAHA (work@home Agenten) erhoben.

 

Menschen mit krimineller Energie findet man in jedem Beruf. Jeder kennt das Bild eines Agenten mit einem Smartphone unterm Tisch, der mal eben schnell eine unverfängliche Nachricht an Freunde, Bekannte und Verwandte schreibt. Die gleichzeitige Nutzung der eingebauten Kamera wäre somit problemlos und fast unbemerkt möglich. Mehrfach wurden bereits so Verstöße gegen das Datengeheimnis in stationären Centern begangen und anschließend aufgedeckt. Diese Angst wird zusätzlich dadurch gestützt, dass es einige Outsourcing Service Provider (OSP) bei der Umsetzung der datenschutz-rechtlichen Anforderungen (Zutrittskontrolle, Zugriffskontrolle, etc.) nicht sehr genau nehmen. Man sei der Meinung, eine VPN-Verbindung und bereitgestellte Hardware des Arbeitgeber seien ausreichend.

 

Das Bundesdatenschutzgesetz gilt für alle gleichermaßen und gibt die notwendigen und anwendbaren Maßnahmen im Detail vor. Die Anforderungen zum Schutz der Daten unterscheiden sich sowohl für virtuelle als auch für stationäre Contact Center nicht. So zeigen Erfahrungen mit work@home, dass aufgrund der Vorteile dieses Arbeitsmodells aus Sicht der Arbeitnehmer z.B. Menschen mit anderen Persönlichkeitsprofilen und Wertevorstellungen angesprochen werden. Datensicherheit beginnt somit bereits während der Rekrutierung. Hier sollte man einerseits die Motivlage des Bewerbers für Telearbeit abfragen. Andererseits gibt es sicherheitsrelevante Frage-stellungen, die eine Beurteilung des Bewerbers bestens unterstützen (z.B. Sicherheitsbefragungen und die Einsicht in ein polizeiliches Führungszeugnis). Und es gibt technologische und prozessuale Schutzmöglichkeiten, die im Zweifel die Datensicherheit gegenüber einem stationären Call Center sogar steigern. So gehören in der virtcom der Abgleich der Personen- und Arbeitsplatzidentität zu Beginn und regelmäßig während der Schicht zum Standard. Systeme verhindern, dass keine unberechtigten Personen auf Auftragsdaten und sonstige Informationen zugreifen. 

Mit work@home verliert man die Kontrolle über die Mitarbeiter.

 

Große Angst besteht darüber, dass Transparenz über die Leistung und Anwesenheit der Mitarbeiter fehlt, wenn diese in der außerbetrieblichen Arbeitsstätte (Homeoffice) arbeiten. Auf einer Tagung referierte einer der s.g. work@home-Experten darüber, dass eine Kontrolle in Form von Zahlen, Daten, Fakten nicht mehr notwendig sei, sondern Vertrauen die Basis jeglicher Zusammenarbeit ist. Wir sehen das differenzierter. Zudem ist die Anwesenheit in einem Center oder am Telearbeitsplatz nicht pauschal mit einer hohen Produktivität gleichzusetzen.

 

Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser. Jeder, der gegenüber seinen Kunden und Auftraggebern ein Leistungsversprechen abgegeben hat, wird um Kontrolle nicht herumkommen. Kontrolle ist per se auch nichts Negatives. Das, was Verantwortliche mit den Ergebnissen machen und wie man mit Mehr- oder Minderleistung umgeht, unterscheidet erfolgreiche von weniger erfolgreichen Unternehmen. Um meinen täglichen Outcome steuern zu können, benötige ich Kontrolle in der Leistungserbringung. Da im Rahmen der Virtualisierung von Ressourcen (Telearbeit) viele Prozesse in Systeme verlagert werden, erhalte ich sogar viel mehr Transparenz über das Verhalten am Telearbeitsplatz sowie über die Aktivitäten der Führungskräfte (z.B. Teammanager) und Supportfunktionen (Fachcoaches, etc.). Plötzlich kann ich erkennen, wann ein Teammanager Kontakt zum Telearbeiter aufgenommen hat, über welchen Kanal dies geschah und wie lange dieser gedauert hat. Oder wann wurde welcher WAHA (work@home Agent) gecoacht und mit welchem Ergebnis. Zudem sollte man grundsätzlich unterscheiden, ob es ein klassischer Homeoffice Day eines Vertriebsmitarbeiters ist oder ob es sich um work@home im Kundenservice handelt. Letzteres bedeutet nämlich, dass die Mitarbeiter nach wie vor zu festen Einsatzzeiten verplant werden und deren Anwesenheit ständig kontrolliert werden muss. Moderne Systeme unterstützen dies bereits heute und geben auch Auskunft darüber, welche Auffälligkeiten zu verzeichnen sind (unerlaubte bzw. unbekannte Abwesenheit, lange Gesprächs- oder Nachbearbeitungszeiten, etc.).


work@home ist 2016 ein im deutschen Kundenservice-Markt etabliertes Modell.

 

Wenn man sich die Statements der einzelnen Herrschaften so anschaut, könnte man glauben, dass Telearbeit in deutschen Kundenservicecentern bereits seit Jahren State of the Art ist. Doch bei genauerem Blick hinter die Kulissen wird man schnell feststellen, dass es oft über einen kleinen Piloten nicht hinaus ging. Oder Telearbeit wird für Randzeiten, Nachtschichten und Wochenenden genutzt und die Teamgröße liegt dabei nicht über 2 bis 3 gleichzeitig im Dienst befindliche Kundenbetreuer.

 

Einen großen Rollout in den Livebetrieb gab es kaum. Es gibt in Deutschland nur wenige Outsourcing Service Provider und Inhouse Center, die dauerhaft eine nennenswerte Zahl WAHA aufweisen können. Im Rahmen der Pilotierung oder für die o.g. Sonderzeiten wird dann oft auf eine vollständige und erwartbare Umsetzung der Anforderungen nach BDSG verzichtet. work@home bedeutet auch nicht, mal unregelmäßig einen Tag von zu Hause arbeiten zu können (Homeoffice). Denn in beiden Fällen fehlt es gänzlich an den notwendigerweise anzupassenden Führungs- und Supportprozessen. Transparenz ist dann tatsächlich ein Mangel und führt zu Kontrollverlusten, zu einer geringeren Produktivität sowie zu einer schlechten Qualität.

 

Um die Vorteile von work@home im ganzen Umfang nutzen zu können, ist von einer halbherzigen Einführung abzuraten. Zu kleine Piloten und ein unausgereiftes Modell bringen selten die erwünschten Erkenntnisse für einen großen Rollout.

Die Einführung von work@home ist ein Kinderspiel.

 

Die Einführung von work@home wird vielfach nebenbei gemacht und das Thema einer ohnehin methodisch veralteten Organisation übergestülpt. Pilotierungsprojekte werden oft zusätzlich zum Daily Business gestartet. Die Projektmitglieder unterliegen dann einer grenzwertigen Mehrfachbelastung, zumal immer wieder auf die gleichen Leistungsträger zurückgegriffen wird. Im Vorfeld unterlässt man es, sich mit den besonderen Anforderungen der Telearbeit zu beschäftigen und eine genaue Zielstellung zu definieren. Außerdem wird auf eine Konzeption des Modells und eine detaillierte Umsetzungs-planung verzichtet. Solche Projekte können nur schief gehen. Die Argumentation pro Telearbeit wird dann gegenüber internen und externen Beobachtern schwierig, da keine oder die falschen Erkenntnisse abgeleitet werden.

 

In unseren Projekten raten wir unseren Kunden zu einem professionellen Projektmanagement. In gemeinsamen Workshops werden die Zielstellung, die Rahmenbedingungen und das zu verprobende Modell definiert. Die Umsetzungs-planung enthält alle Erfolgstreiber einer erfolgreichen Implementierung. Idealerweise begleitet ein Auftraggeber  das Pilotierungsprojekt eng und unterstützt bei verschiedenen Fragestellungen (z.B. bei der Anbindung der Datenerfassungs-systeme oder bei der Routingstrategie). Bei der personellen Dimensionierung raten wir zu mindestens 10 eher 20 work@home Agenten (WAHA). Zudem sollte ein gegenüber Veränderungen offener Teamleiter work@home Verantwortung für das produktive Pilotierungsteam übernehmen.



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